Brauchtum und Mundart
 
 
 
  FA12-2020
 
 
  
 
 
 
  Geburt, Taufe und Kindheit
  “Dotennüsse”, 1 oder 2 Lebkuchen erhalten alle Hausmitglieder.
  “Doudenbreze”, Brezä (Gebäck mit 500 Gramm etwa in der Größe 
  A3), das ein Doud seinem Doudle (Pate seinem Patenkind) zum 
  Neujahr schenkt. (mündlich)
  Beim ersten Besuch im Patenhaus erhält das Kind ein frisches Ei, 
  es wird an den Mund gehalten und dabei der Vers gesprochen: 
  Ler(n) schö(n) schwatze(n) und ni(ch)t wie die Buttele (junge 
  Hühner) gatze(n) (gackern).
 
 
 
  Heilkunde
  Gegen Fieber: Der Kranke soll mit einem Faden nach 
  verschiedenen (wahrscheinlich drei) Richtungen gemessen 
  werden. Dazu wird ein Vers gesprochen, dieser ist nicht bekannt. 
  Mit dem Faden wird ein Hühnerei umwickelt und in heiße Asche 
  gelegt. Durch die Hitze verplatzt das Ei mit lautem Knall. Das ist 
  das Zeichen, dass geholfen werden kann. Der Faden soll 
  unversehrt bleiben.
 
 
 
  Sonstige
  Auf Kosten der Parteien in einem Gerichtsverfahren nehmen die 
  Richter nach einer Sitzung eine Mahlzeit beim Gastwirt ein. Die 
  Kosten werden geteilt. (aus: Akten des Reichskammergerichts im 
  Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Teil 6
 
 
  Quelle sofern nicht anders angegeben:
  Bohnenberger, Volkstümliche Überlieferungen in Württemberg
 
 
 
  Die Kirchenwache
  aus: Waldmannshofen und Sechselbach Geschichte und Liturgie
  Autor : Richard Barnikel, Pfarrer
  Bei den Sonn- und Festtagsvormittagsgottesdiensten wird 
  außerhalb der Kirche eine Kirchenwache ausgeübt, durch einen 
  mit einem Spieß bewehrten Mann, der außerhalb der Kirche für 
  Ordnung zu sorgen hat, aber auch für den Schutz der Häuser, 
  weshalb er sich nicht über die ganze Zeit des Gottesdienstes am 
  Gotteshaus aufhalten soll, sondern auch durch die Gassen zu 
  gehen und dann immer wieder zur Kirche zu kommen hat. Diese 
  Kirchenwache wechselt der Reihe nach bei den Bürgern, so, daß 
  der, welcher die Kirchenwache ausgeübt hat, nach dem 
  Gottesdienst den Spieß seinem Nachbarn ins Haus bringt und nun 
  dieser am nächsten Sonntag bzw. Festtag die Kirchenwache 
  ausübt.
 
 
 
  Tod und Begräbnis
  Die
  Totenwache
  wird
  von
  ledigen
  Nachbarsmädchen
  gehalten
  - 
  vielleicht
  ein
  Rest
  der
  alten
  Leichenwache,
  durch
  welche
  dem 
  Toten
  eine
  Belustigung
  und
  eine
  Unterhaltung
  geboten
  werden 
  sollte-. 
  Den wachenden Mädchen wird um 12 Uhr ein Kaffee 
  aufgewartet.
  Der
  Kamm
  und
  das
  Rasiermesser
  wird
  dem
  Entschlafenen
  in 
  den Sarg gelegt.
  Die
  nächsten
  Verwandten
  gehen
  vor
  der
  Beerdigung
  ins 
  Trauerhaus,
  eine
  Stunde
  vor
  Abgang
  des
  Zuges.
  Sie
  erhalten 
  “mürbe” Wecken. 
  Der
  Totengräber
  bekam
  Kraut
  und
  Fleisch.
  (aus:
  Zender,
  Atlas 
  der Deutschen Volkskunde)
  Die
  Verwandten
  von
  Auswärts
  sammeln
  sich
  nach
  der
  Leicht
  im 
  Trauerhaus
  zum
  Leichtrunk;
  abends
  zur
  Zeit
  der
  “Betglocke” 
  kommen
  noch
  die
  Einheimischen
  Verwandten
  und
  geladenen 
  Nachbarsleute dazu.
  Für
  Abtrauern
  gibt
  es
  verschiedene
  Stufen.
  Ganz
  allmählich 
  verschwindet
  ein
  schwarzes
  Kleidungsstück
  nach
  dem
  andern. 
  Zunächst
  geht
  man
  zu
  dunkelgrau
  über
  und
  dann
  zu
  helleren 
  Farben.
  Nicht
  einmal
  in
  der
  Kirche
  wird
  wenigstens
  in
  der
  ersten
  Zeit
  von 
  Trauernden gesungen.
 
 
 
  Hochzeitsgebräuche
  Die Braut zieht erst am Hochzeitstag zum Bräutigam.
  Freitags findet nur ausnahmsweise ein Hochzeit statt.
  Wenn Geschenke ins Haus der Brautleute gebracht werden, 
  erhalten die Überbringer in ihren Hochzeitsbündel Gebackenes 
  und Fleisch.
  Der Wert eines geschenkten Haushaltungsgegenstandes wird auf 
  3 bis 15 Mark angeschlagen.
  Am Hochzeitstag finden sich Arme ein, sie erhalten ein 
  Geldgeschenk, Auswärtige 20, Einheimische 50 Pfennig und ein 
  Stück Weißbrot.
  Auf dem Kirchgang drückt die Braut ihr Gesangbuch fest unter den 
  Arm, damit ihr nichts beikommen kann.
  Die Brautleute essen am Hochzeitstag stehend aus einem Teller 
  etwas Schwarzbrotsuppe, damit sie e(i)nerl(e)i Gla(u)be(n) 
  (Gesinnung) bekommen.
  Die Aufwärterin bringt für die Köchin die Bitte um eine 
  “Brandsteuer” vor.
  Die Freundinnen der Braut kommen 8 bis 14 Tage nach der 
  Hochzeit in ihr Haus um nach ihr zu sehen.