Waldmannshofen
unter
den
Truchsessen
von
Baldersheim,
den
Herren
von
Rosenberg
und
hatzfeldischer
Herrschaft
Albert Krämer, Creglingen, Nov. 1985
Überblick
Das Gebiet um das Dorf Waldmannshofen ist uraltes Kulturland. Eine Fülle prähistorischer Funde, zahllose heute noch
sichtbare ehemalige Feuerstellen, Ergebnisse aus Grabungen, ein Grabhügel und eine keltische Viereckschanze wenige
hundert Meter nordwestlich des Dorfes u. a. deuten auf eine durchgehende Besiedlung seit der Jungsteinzeit hin.
Das Dorf Waldmannshofen wurde bereits 807 anläßlich eines Tausches von Besitzungen im Tauber- und Gollachgau
zwischen Bischof Egilward von Würzburg und dem Gaugrafen Audulf urkundlich erwähnt.
Der erste Hinweis auf Dorfherren als Ministerialen (unfreie Dienstmannen) eines Edelfreien Gerung stammt aus dem Jahre
1140.
Leider sagt die Quelle nichts darüber aus, wo diese frühen Dorfherren in Waldmannshofen ihren Sitz hatten, so daß die
Anfänge der Geschichte des am Nordwestrand des Dorfes stehenden ehemaligen Wasserschlosses im Dunkeln bleiben.
Waldmannshofen
unter den Truchsessen von Baldersheim
In ununterbrochener Folge nachweisen lassen sich Dorfherren in Waldmannshofen seit dem Auftreten der Truchsessen
von Baldersheim, die 1372 erstmals genannt wurden und nunmehr über 100 Jahre in Waldmannshofen saßen und die
Dorfherrschaft ausübten. Lehensherren waren zunächst die Herren von Hohenlohe-Brauneck, später die Markgrafen von
Brandenburg-Ansbach.
In der Urkunde von 1372 räumt Hans Truchseß von Baldersheim seinem gnädigen Herrn Conrad von Hohenlohe-Brauneck
"....das Öffnungsrecht in seiner Behausung zu Waltmannshofen ein", d. h., er erlaubte ihm, diese jederzeit als militärischen
Stützpunkt zu nutzen, "außer gegen ihn (den Truchsessen) selbst, seine Erben und alle seine Vettern....".
Es ist anzunehmen, daß für eine Öffnung in diesem Sinne auch die äußeren Vorraussetzungen gegeben waren und es sich
bei dieser "Behausung" bereits um eine befestigte Anlage handelte, in der man möglicherweise eine frühe Baustufe
unseres heutigen Wasserschlosses vermuten kann.
Diese Vermutung wird durch zwei weitere Quellen erhärtet:
1405, also wenige Jahrzehnte später, wurde das Schloß als solches zum ersten Mal aufgeführt, als Ritter Hans Truchseß
von Baldersheim zum Heil "seines Vaters, seiner Mutter, seiner selbsten, seines Bruders und ihrer beeder Weiber und aller
ihrer Eltern und Nachkommen und allen elenden und gläubigen Seelen ....in unser Frauen Capellen in dem Schloß
Waldmannshofen...." eine jährliche Seelenmesse stiftete. Und in einem Teilungsvertrag zwischen den Truchsessen Hans
und Fritz aus dem Jahre 1408 ist dieses Schloß eindeutig als wehrhaftes Wasserschloß mit "....Gräben, Seen und
Vorhöfen...." beschrieben.
Man darf davon ausgehen, daß den Truchsessen von Balderheim, obwohl uns wenig von ihnen überliefert ist, ein
wesentlicher Anteil am Bau bzw. Ausbau des Schlosses zugeschrieben werden kann.
Unter den Herren von Rosenberg
1484 verkaufte Reinhard Truchseß von Baldersheim seinen Teil an Schloß und Dorf Waldmannshofen mit allem Zubehör,
da er offenbar in Schulden geraten war, an den Ritter Asmus von Rosenberg, zu jener Zeit Amtmann in Uffenheim, um
4890 Gulden. Zwei Jahre später vertauschte sein Bruder Erasmus dem ihm gehörenden Teil am Schloß mit Zubehör an
seine Schwiegersohn Heinrich von Luchau gegen das Schloß Rotenfels.
Wie sich aus den Akten über die Beilegung eines Streites um den Schaftrieb (Schafweiderecht auf abgeernteten oder
brachliegenden Feldern der Gemarkung) in den Nachbargemarkungen Buch, Bieberehren und Burgerrot aus dem Jahre
1491 zwischen Philipp von Weinsberg und Cuntz von Rosenberg, dem Sohn des oben genannten Asmus, schließen läßt,
haben die Herren von Rosenberg zwischen 1486 und 1491 auch diesen letzteren Teil des truchsessischen Besitzes
erworben und verfügten nun über die gesamte Herrschaft Waldmannshofen.
Die Herren von Rosenberg, die mehr als 140 Jahre die Geschicke Waldmannshofens lenkten, entstammen einem alten
fränkischen ritteradeligen Geschlecht, das ursprünglich dem Stand der Ministerialen angehört hatte und in den Niederadel
aufgestiegen war. Sie hatten sich Ende des 13. Jahrhunderts von dem Geschlecht der Herren von Uissigheim abgespalten
und führten den Namen nach dem Stammsitz Rosenberg bei Osterburken. Andere Zweige der Rosenberger saßen damals
neben Rosenberg in Niederstetten (Schloß Haltenbergstetten), Gnötzheim, Boxberg und Schüpf.
Nach den Kauf- und Lehenbriefen und anderen Quellen zählten zum persönlichem Eigentum der Schloßherrschaft in
Waldmannshofen außer dem Wasserschloß mit Zugbrücke und befestigtem Vorhof eine in dem alleinigen Schafweiderecht
auf der Gemarkung begründete Schäferei und ein landwirtschaftliches Anwesen mit einem ansehnlichen Grundbesitz, der
laufend durch Zukäufe erweitert wurde. 1565 umfaßte dieser - umgerechnet - rd. 50 ha Äcker, 8 ha Wiesen, 2 ha
Weinberge, 3 ha Seen und 38 ha Wald. Die für diesen "Bauhof" notwendigen Scheunen und Stallungen standen auf dem
Vorhof. Die Bewirtschaftung erfolgte nach späteren Zeugenaussagen zunächst vorwiegend durch eigenes Gesinde mit
Hilfe schloßeigener Pferdegespanne, ab 1523 fast ausschließlich durch Fronarbeit der Dorfbewohner, die dadurch weit
über das übliche Maß hinaus belastet wurden.
Ihre Rechte als Dorfherren gründeten vor allem in der Vogtei, einer Art Verwaltungshoheit über Dorf und Gemarkung mit
dem Recht, Ordnungen (z.B. eine Dorfordnung) aufzustellen und zu erlassen und der Polizeigewalt, die Einhaltung dieser
Ordnungen durchzusetzen.
Damit verbunden war die Niedere Gerichtsbarkeit, der die Ahndung kleinerer Vergehen, insbesondere solcher gegen die
herrschaftlichen Ordnungen zustand. Die Gerichtsmänner für das regelmäßig alle vier Wochen tagende Dorfgericht wurden
von der Gemeindeversammlung gewählt. Den Vorsitz führte der Schultheiß im Auftrag der Herrschaft.
Auch die Kirche stand unter dem Schutz und Einfluß der Dorfherren. Als Patronatsherren hatten diese das Recht auf
Aufstellung und Durchführung von Kirchenordnungen und die Besetzung der Pfarrer-, später auch der Schulmeisterstellen.
Zubehör zum Schloß waren auch grundherrschaftliche Rechte, die in der Landleihe und der damit verbundenen personalen
Abhängigkeit ihrer Hintersassen wurzelten, und das Recht, auf der Gemarkung den Zehnten einzuziehen, von dem sie
dem Stift St. Burckard in Würzburg bis 1585 ein Drittel, dann die Hälfte abzugeben hatten.
Als erster Dorfherr allgemein bekanntgeworden, wenn auch alles andere als rühmlich, ist Cuntz von Rosenberg (1520 -
1546). Er war mit anderen fränkischen Adeligen Fehdegenosse des berüchtigten Ritters Thomas von Absberg und an
verschiedenen Gewalttaten gegen Angehörige des Schwäbischen Bundes mitbeteiligt.
Als im Juni des Jahres 1523 das Heer des Schwäbischen Bundes unter Jörg Truchseß von Waldburg mit 10575
Fußknechten, 1552 Reitern und 36 Geschützen auszog, um Thomas von Absberg und dessen Genossen das Handwerk zu
legen, stand auf der Liste der Burgen und Schlösser, die "verbrannt" und "bis auf den Grund zerrissen" werden sollten,
auch das Schloß Waldmannshofen. Cuntz von Rosenberg hatte offenbar Lunte gerochen, dieses vorher geräumt und sich
und die Seinen in Sicherheit gebracht. Nach einer zeitgenössischen Chronik drangen die Bundestruppen in
Waldmannshofen "...über Zäun und Gräben ins Dorf. Der Büchsenmeister schoß die Wehr (hier ist sicherlich die
Umfassungsmauer des Vorhofs gemeint, in die eine Bresche geschossen wurde) ab bei den Vorhäusern, nahmen die
Scheunen im Vorhof ein wie auch das Vieh und verbranntens danach bis auf den Grund". Verbrannt wurde dabei
besonders auch das Schloß. Augenzeugen aus dem Dorf berichteten später, das Feuer hätte noch nach drei Tagen aus
dem großen Turm geschlagen; das Schloß sei so abgebrannt, daß außer der Mauer und der Scheuer "...nicht ein Stütz
oder Steck stehend blieben".
Die
Waldmannshöfer
Bauern,
die
anscheinend
bei
der
Plünderung
und
Zerstörung
der
Schloßanlage
entgegen
ihrer
Zusage
nicht
ganz
stillgehalten
hatten,
mußten
sich
am
Tag
darauf
wegen
"ungebührlichem,
ungehorsamem
und
strafbarem
Verhalten"
gegenüber
Jörg
Truchseß
von
Waldburg
den
Räten
des
Schwäbischen
Bundes
im
ca.
70
km
entfernten Haßfurt stellen, jeder mit einem weißen Stäbchen als Zeichen der Unterwerfung.
Cuntz von Rosenberg scheint sich vom weiteren Treiben Thomas von Absberg nach 1523 distanziert zu haben, denn 1527
reinigte er sich auf dem Bundestag in Ulm durch Eid von dem Verdacht, diesem auch weiterhin Unterschlupf gewährt zu
haben. Er wohnte in seinem Haus in Aub und begann mit dem Wiederaufbau seines Schlosses, das sein Sohn Lorenz
(1546 bis 1552) vollendete. Dabei wurde - wie neuere Bauaufnahmen zeigen - weitgehend auf die stehengebliebenen
Mauerreste zurückgegriffen. Die Jahreszahl 1544 über dem Eingang zum heutigen Feuerwehrmuseum deutet auf den
Wiederaufbau hin.
Der Sohn von Lorenz, Conradt von Rosenberg (1553 - 1581), prägte das Dorf durch seine Ordnungen, die er 1565 erließ,
insbesondere die Dorfordnung und die Gerichtsordnung.
Da er ohne Erben blieb, fiel Waldmannshofen nach seinem Tod an die Linie Haltenbergstetten. Die drei Brüder Conrad,
Albrecht Christoph und Georg Siegmundt von Rosenberg wurden 1582 zunächst gemeinsam mit den fünf rosenbergischen
Vogteien: Rosenberg, Schüpf, Haltenbergstetten, Gnötzheim und Waldmannshofen belehnt. 1587 teilten sie diese
Herrschaften unter sich auf. Dabei erhielt Albrecht Christoph Waldmannshofen.
Dieser war kaiserlicher Rat und als Ritterhauptmann Vorsitzender der Rittervereinigung des Kantons Odenwald und dürfte
wohl der bedeutendste rosenbergische Vertreter in Waldmannshofen gewesen sein. Hervorgetreten ist er vor allem durch
seinen entschiedenen Einsatz für die Sache der Evangelischen und war deshalb in viele Streitigkeiten, besonders mit dem
Hochstift Würzburg, verwickelt, das die Gegenreformation in der Umgebung des seit Lorenz von Rosenberg evangelischen
Waldmannshofen sehr rührig vorantrieb.
Als er 1632 starb, und weder er noch seine vor ihm gestorbenen Brüder einen männlichen Nachkommen hinterließen,
erlosch mit ihm der Mannesstamm der Rosenberger in Franken. Die Grabplatte Albrecht Christophs mit umgestürztem
Helm und Wappen als Zeichen des erloschenen Mannesstammes steht heute im Erdgeschoß des Waldmannshöfer
Kirchturmes.
Nach dem Tod seiner Ehefrau Sibilla, geb. von Rabenstein, im Jahre 1635, der von der Lehensherrschaft gestattet worden
war, weiterhin in Waldmannshofen zu wohnen und das Lehen bis zu ihrem Tod "...zu nutzen und zu nießen", fiel
Waldmannshofen als erledigtes Rittermannlehen heim an Brandenburg-Ansbach.
Unter hatzfeldischer Herrschaft
1637 belehnte Markgräfin Sophia damit den kaiserlichen Feldmarschall Graf Melchior von Hatzfeld, der im Jahr zuvor
bereits die Herrschaft Haltenbergstetten erworben hatte und es verstand, im Verlauf weniger Jahre die gesamten
rosenbergischen Besitzungen in Franken und die ihm seit 1630 verpfändete Vogtei Laudenbach sowie Güter in Würzburg
in seinen Besitz zu bringen.
Wegen des katholischen Glaubens des Hauses Hatzfeld war die Lehensübergabe an die ausdrückliche Bedingung
geknüpft, daß bei den Untertanen in Waldmannshofen die von "alters her exerzierte evangelische Religion Augsburgischer
Confession zu ewigen Zeiten bleiben ..." und von niemand angetastet werden soll.
Die aus Oberhessen stammenden Herren von Hatzfeld leiteten ihren Namen von der Herrschaft Hatzfeld an der Eder ab
und hatten Besitz im Westerwald und in Thüringen. Melchior, der zusammen mit seinem jüngeren Bruder Hermann 1635 in
den Grafenstand erhoben worden war, hatte es in seiner militärischen Laufbahn bis zum Feldmarschall gebracht und
zeichnete sich durch besondere Zuverlässigkeit und persönliche Bedürfnislosigkeit aus. Obwohl er nicht zu den allseits
bekannten Heerführern des Dreißigjährigen Krieges zählte, scheint auch er, wie seine vielen Erwerbungen in Franken
beweisen, aus dem Krieg für sich und seine Familie einträglichen Gewinn geschlagen zu haben.
1641 erhielt er von Kaiser Ferdinand II. die Herrschaft Trachenberg in Schlesien verliehen, die bis 1945 im Besitz der
Familie Hatzfeld verblieb.
Der ältere Bruder Melchiors, Franz von Hatzfeld, war zu jener Zeit Fürstbischof von Würzburg und Bamberg und an der
Aufrichtung der hatzfeldischen Herrschaft in Franken maßgeblich mitbeteiligt.
Die Verwaltung der sehr umfangreichen Güter übernahm der bereits erwähnte jüngere Bruder Melchiors, Hermann von
Hatzfeld, der bislang als Obrist und Reichshofrat im kaiserlichen Dienst gestanden hatte, von Haltenbergstetten aus.
In Waldmannshofen ließ dieser gleich nach der Übernahme das Schloß ausbessern, die Schloßanlage in Ordnung bringen
und zum Teil völlig umändern. U.a. wurden zwei neue Seen und ein großer Fasanengarten angelegt, in den man 7500
Bäume und Sträucher und als Einfriedung 12000 "Dörner" setzte, eine Vielzahl von Gräben gezogen, die Roßschwemme
mit Mauerwerk eingefaßt und die Roßscheuer abgebrochen und an anderer Stelle im Vorhof wieder aufgebaut.
Betreut wurde Waldmannshofen nunmehr durch einen Vogt, dessen Aufgabenbereich durch eine gräfliche "Instruktion" bis
ins einzelne geradezu pedantisch geregelt war. Er mußte dem Grafen fast täglich über alle Vorgänge in Waldmannshofen
Bericht erstatten und wurde dabei von einem "Gegenschreiber" überwacht, der bei allen wichtigen Maßnahmen des Vogts
anwesend zu sein, ein Gegenregister zu führen und unabhängig von diesem nach Haltenbergstetten zu berichten hatte.
Besonderes Gewicht maß die neue Herrschaft dem Schloßgut bei, das durch weiteren Ankauf von Gütern beträchtlich
vergrößert worden war; ebenso dem gewissenhaften Einzug der von den Untertanen zu entrichtenden Abgaben wie Zehnt
und Gült und dem sorgsamen Umgang damit.
Nach einer Aufstellung aus dem Jahre 1657 umfaßte der "herrschaftliche Bestand an Vieh und sonstigen Tieren" 57 Stück
Rindvieh, davon 21 Milchkühe, 96 Schweine, 63 Hühner, 27 welsche Hühner, 18 Gänse, 10 Enten und 3 Schwäne.
Nicht aufgeführt sind darin die Pferde, die 300 - 400 Schafe, die Fasanen im Fasanengarten, das Wild im Tiergarten und
der Fischbesatz in den rd. 9 ha Seen.
Für die Bewirtschaftung des Gutsbetriebs wurde ein Hofbauer mit 3 Knechten und 2 Mägden angestellt. Als weitere
Schloßbedienstete gab es (neben Schultheiß, Vogt und Gegenschreiber) einen Gärtner, einen Schäfer, einen
Fasanenmeister, einen Heckenknecht, einen Weingartsmann und einen Hausknecht.
Trotzdem stöhnten die Waldmannshöfer Gemeindeglieder nach wie vor unter der Last der Frondienste, zu denen sie dem
Anschein nach unvermindert herangezogen wurden.
1658 starb Melchior von Hatzfeld auf seiner schlesischen Herrschaft Trachenberg. Sein Leib fand dort in der Stadtkirche
von Prausnitz seine letzte Ruhestätte. Sein Herz wurde in einer silbernen Büchse nach Laudenbach zur Bergkirche
gebracht und dort 1659 in einem von Achilles Kern geschaffenen prunkvollen Grabmal eingeschlossen.
Hermann von Hatzfeld, an den nach dem Tod seines Bruders dessen ganze Besitzungen übergegangen waren, ließ 1660
das Schloß in Waldmannshofen erweitern und zum Renaissanceschloß umgestalten, so wie wir es noch heute vor uns
sehen.
Neu gebaut wurden: das Eingangsportal mit hatzfeldischem Wappen, die Schloßkapelle - heute der erste Raum des
Feuerwehrmuseums -, der darüberliegende Kanzleibau, zu dem im 1. Stock eine steinerne Freitreppe führt, an der ein
Löwe einen hatzfeldischen Wappenschild hält, und der runde Südwestturm. Außerdem wurde die hölzerne Zugbrücke
erneuert, die Getreide- und Heuscheuer abgebrochen und am Ostrand des Vorhofs neu errichtet und eine neue
Schafscheuer gebaut. Baumeister war Michael Kaudt aus Würzburg.
Nachdem seit Beginn der hatzfeldischen Herrschaft in Franken die gesamten Besitzungen zentral von Haltenbergstetten
aus verwaltet worden waren, überrascht der Ausbau des Schlosses Waldmannshofen etwas, vor allem der Bau von
Kanzleiräumen, die man in der Regel nur für Residenzen vorsah. Der Grund hierfür ist vermutlich in persönlichen
Problemen der Familie Hatzfeld zu suchen:
Hermann von Hatzfeld verstand sich sehr schlecht mit seinen drei Söhnen, zeitweise auch mit seiner Gattin. Besonders
enttäuscht war er über seinen ältesten Sohn Franz, dem er als Domherrn in Würzburg Unfähigkeit und
Verschwendungssucht vorwarf. 1666 zwangen ihn seine Söhne, seine mainzischen und würzburgischen Lehen, d.h.,
Haltenbergstetten, Laudenbach und Schüpf abzutreten.
Hermann verließ Franken und zog sich verbittert auf seine Besitzungen in Thüringen zurück. Später residierte er häufig in
Waldmannshofen, das ihm verblieben war, und wo er sich durch die Erweiterung des Schlosses offenbar diese Möglichkeit
gesichert hatte.
1673 starb er in Rothenburg o.d.T., das er in seinen letzten Jahren wegen seiner angeschlagenen Gesundheit des öfteren
zu Badekuren aufgesucht hatte.
Die Nachfolge in Franken übernahm sein ältester Sohn Franz, und nach dessen Tod im Jahre 1685 sein jüngster Sohn
Sebastian. Auf ihn folgte 1708 der Sohn seines Bruders Heinrich aus dem Trachenberger Zweig der Familie, Franz von
Hatzfeld, der 1714 die Verwaltung der fränkischen Besitzungen von Haltenbergstetten nach Trachenberg in Schlesien
verlegte.
Im Schloß Waldmannshofen wohnte zu jener Zeit die Tochter Hermanns von Hatzfeld, Gräfin Anna Maria von
Eckershausen, genannt Klüppel, der von ihren Brüdern als Ersatz für anscheinend vorenthaltenes Heiratsgut die
Nutznießung von Waldmannshofen zugesprochen worden war. Unbeeinflußt vom Wechsel der Herrschaften blieb sie hier
bis zu ihrem Tod im Jahre 1729.
In Zusammenhang mit der Verlegung der hatzfeldischen Residenz nach Schlesien wurde in Waldmannshofen das
Schloßgut mit allen Einkünften und Rechten verpachtet. Der Pächter übernahm neben einer Pachtsumme von 4000
Gulden im Jahr auch die Unterhaltung der Schloßbediensteten, die Versorgung der Herrschaft, wenn diese im Schloß
anwesend war, die Besoldung des herrschaftlichen Verwalters, der die Amtsgeschäfte besorgte, und alle sonstigen, bisher
von der Herrschaft wahrgenommenen Verpflichtungen.
Als 1794 mit dem Tod von Friedrich Karl Franz Cajetan der Trachenberger Zweig des Hauses Hatzfeld erlosch, ging
Waldmannshofen an die Linie Wildenburg-Weisweiler über. Graf Edmund von Hatzfeld, der erste damit belehnte Vertreter
dieser Linie, residierte von 1794 bis 1803 in Waldmannshofen, das dadurch vorübergehend wieder unmittelbarer
Herrschaftssitz wurde.
In diese Zeit fiel auch der dreimalige Wechsel der Landeshoheit: 1796 war Waldmannshofen königlich-preußisch
geworden, 1805 kam es an Bayern und 1810 an Württemberg.
Nachdem die Waldmannshöfer Bürger Mitte des 19. Jahrhunderts die bisher der Herrschaft bzw. dem Schloßgutpächter zu
leistenden Abgaben und Dienste durch entsprechende Geldzahlungen abgelöst hatten, bot Fürst Alfred von Hatzfeld-
Wildenburg 1886 sein Eigentum in Waldmannshofen der Gemeinde zum Kauf an.
Die
Gemeinde Waldmannshofen als Schloßbesitzer
Die Gemeindeverwaltung griff zu, erwarb die Schloßanlage mit dem dazugehörigen Grundbesitz (ca. 115 ha Feld und 45
ha Wald) und veräußerte den größten Teil davon wieder an daran interessierte Einwohner. Die Schloßgüter wurden von
den Waldmannshöfer Bauern als willkommene Aufstockung ihrer Betriebe gerne angenommen; auch die
landwirtschaftlichen Gebäude im äußeren Schloßhof fanden Abnehmer.
Das Schloß, von vielen als lästiges Anhängsel empfunden, blieb im Gemeindebesitz. Es diente als Gnadenwohnung und
war jahrzehntelang dem Verfall preisgegeben.
Die Wertschätzung, die dieses bei nicht wenigen Gemeindegliedern erfuhr, illustriert die nachfolgende Episode:
Anfang dieses Jahrhunderts brach im Schloß Feuer aus. Ein aufmerksamer Schloßbewohner entdeckte den Brand und
alarmierte die Feuerwehr, die diesen löschte. Dafür mußte er hernach den harten Vorwurf über sich ergehen lassen:
"Hätt'st nit woanders hingucke könne!"
Diese Einstellung hat sich in der Zwischenzeit geändert. Anfang der fünfziger Jahre begann die Gemeinde unter
Bürgermeister Wilhelm Mann mit großen finanziellen Anstrengungen, unterstützt durch Zuschüsse des Landes und des
Landkreises, das Schloß zu sanieren, zunächst vorwiegend das Dach und die Fassade.
Inzwischen wurde ein großer Teil der schönen alten Räume mit ihren z.T. herrlichen Stukkaturen und den erhalten
gebliebenen Resten reizvoller Malereien behutsam und mit viel Umsicht wiederhergestellt. Eingebunden in die
Schloßanlage als ganzes sind diese auch lebendige Zeugen einer bewegten Vergangenheit.
Geschichtlicher Überblick
FA12-2020