Waldmannshofen
FA12-2020
Pressespiegel
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Fränkische Nachrichten, 24. Februar 2007 Daniela Pfeuffer Nicht nur der „Ortsadel“ hatte großen Einfluss 1200 Jahre Waldmannshofen (2): Streit um die Frondienste Waldmannshofen. Ein Vertrag von 1690 schien die Fronstreitigkeiten in Waldmannshofen beizulegen. Der Schein allerdings trog und alle Hoffnungen auf ein friedliches Miteinander zerschellten. Die Streitigkeiten um Frondienste deuten für Waldmannshofen darauf hin, dass nicht nur der „Ortsadel“ großen Einfluss hatte, sondern auch, dass die Landwirtschaft in dem Dorf am Rande des Ochsenfurter Gaus, eine der fruchtbarsten Regionen Deutschlands, stets eine große Rolle spielte - und bis heute spielt. Wenige Jahrzehnte nach dem Vertrag von 1690 wurde das herrschaftliche Schlossgut verpachtet. Die Abgaben und Fronen mussten nun an den Pächter geleistet werden, was neue Schwierigkeiten mit sich brachte, zumal sich die Pächtersfamilie über Generationen hinweg nicht mit den Waldmannshöfern verstand. Im Januar 1796 entlud sich der jahrzehntelang schwelende Streit zwischen Pächter und den ortsansässigen Bauern. Anlass dazu war die Kürzung des Lohnes für das Frondreschen in der herrschaftlichen Getreidescheuer. Der Streit kochte derart hoch, dass der Graf im Verlauf der Auseinandersetzungen mehrmals beim preußischen Landministerium in Ansbach ein Husarenkommando anforderte, um seine „widersetzlichen Untertanen in Waldmannshofen wieder zur Ordnung und auf den Weg vernünftiger Vorstellungen zu bringen“. Das Landministerium verweigerte jedoch dem Grafen das Husarenkommando. Die Waldmannshöfer Bauern wiederum schrieben insgesamt fünf Beschwerdebriefe an den König von Preußen und baten diesen um Vermittlung. Das preußische Ministerium in Ansbach entsandte einen vom König bevollmächtigten Beamten, um die Vorgänge in Waldmannshofen zu untersuchen und zu schlichten. Zwar wurden die Schikanen des Pächters aufgehoben, aber weil der Graf Grund zur Klage wegen Ungehorsam der Untertanen hatte, wurden Gefängnisstrafen von wenigen Tagen und die Übernahme der Gerichtskosten über die Aufständischen verhängt. Dies war sicherlich nicht dazu angetan, Friede und Eintracht im Dorf wiederherzustellen. 1799, nur drei Jahre nach der ersten Schlichtung, verklagte Graf Hatzfeld seine Untertanen ein zweites Mal, weil sie die von ihm angeordneten Frondienste für den Bau einer neuen Dreschhalle mit der Begründung ablehnten, Baufronen seien im Fronvertrag von 1690 nicht enthalten. Das königliche Kammergericht legte diesen Vertrag jedoch ganz anders aus und verurteilte die Dorfbewohner, den geforderten Frondiensten unverzüglich nachzukommen. Beendet wurden die Streitigkeiten um die Fronen erst mit der Ablösung der Grafen von Hatzfeld 1840. Die Bauern mussten sich sozusagen „freikaufen“; indem sie dem Herrschenden in zehn Jahresraten eine Gesamtentschädigung leisteten. Ebenfalls 1840 wurde auch der Zehnte, der an die Kirche zu leisten war, abgeschafft. 1848 folgte der Handlohn und 1853 der Gült, eine Art „Grundsteuer“. Diese Sozialreformen in der Mitte des 19. Jahrhunderts zugunsten der ländlichen Bevölkerung gingen als so genannte „Bauernbefreiung“ in die Geschichte ein. Weitere Reformen folgten, so ging beispielsweise die Schulaufsicht von der Kirche auf den Staat über, dies war in Waldmannshofen 1860 der Fall. Der vorhandene Unterrichtsraum wurde schon nach acht Jahren erweitert. Die Familie Hatzfeld blieb bis 1886, also für 249 Jahre, Grundherr in Waldmannshofen. Bekommen hatten die Hatzfeld den Ort Waldmannshofen von den Markgrafen Brandenburg-Ansbach für treue und mutige Dienste im 30-jährigen Krieg 1637. 1886 bietet Fürst Alfred von Hatzfeld-Wildenberg zu Dambrau, Kreis Falkenberg, Regierungsbezirk Oppeln, Oberschlesien - sein Eigentum in Waldmannshofen der Gemeinde zum Kauf an. Bis dahin war das Schloss als Speicher und als „Gnadenwohnung“ genutzt worden. Die Gemeinde Waldmannshofen erwarb das Schloss mit den dazugehörigen Gütern, immerhin 347 Morgen Feld und 140 Morgen Wald, für 270 000 Mark. Sehr gut über die Waldmannshöfer Geschichte informieren auch die Kirchenbücher. 1568 ist im Dorf ein evangelischer Pfarrer nachgewiesen, weshalb man annimmt, dass dies das Jahr der Einführung der Reformation in Waldmannshofen ist. Seit 1576 beginnen die Kirchenbuch-Aufzeichnungen, das heißt die Führung eines Tauf-, Ehe- und Totenregisters. Dieses Kirchenbuch weist in den Jahren des 30-jährigen Krieges immer wieder Taufen von Kindern aus Simmershofen, Sechselbach und Niedersteinach aus. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass Eltern aus Dörfern ohne Befestigung in das mit einer Schutzwache, zwei Toren und einem Dorfetter umgebene Waldmannshofen geflüchtet sind. Gerade die Familie Hatzfeld, die den Ort seit 1637 als Grundherr belehnte, führte mit der evangelischen Gemeinde bis zum Ende des 18. Jahrhunderts einen ständigen Kleinkrieg um formalreligiöse Angelegenheiten. Beispielsweise als es 1736 zu wiederholten Streitigkeiten kommt, weil auf dem Schloss katholische Gottesdienste gefeiert werden, obwohl der evangelische Ortspfarrer auch für die katholischen Schlossherren Taufen, Trauungen und Leichen besorgt hatte. Am Beginn des 19. Jahrhunderts bekommt auch Waldmannshofen die Auswirkungen der „Europapolitik“ Napoleons zu spüren. 1805 wird Waldmannshofen bayerisch. Durch den Vertrag von Paris wechselt die Landeshoheit von Bayern an Württemberg „Gränzvertrag zwischen Baiern und Württemberg, 18. Mai 1810“. Waldmannshofen ist fortan die „Gemeinde dritter Klasse Nummer 45 im Oberamt Mergentheim im Jagst-Kreis, Königreich Württemberg“, dies bedeutet auch, dass die kirchliche Zugehörigkeit vom Dekanat Uffenheim zum Dekanat Creglingen wechselte. Waldmannshofen wies am 1. Dezember 1875 329 Einwohner in 54 Familien in 51 Gebäuden auf. Davon waren 168 männlich und 161 weiblich. Von den 58 Schülern waren 32 Jungen und 26 Mädchen. Solch detaillierte Zahlenangaben sind für heutige Vergleiche sehr wertvoll. Die durchschnittliche Familiengröße lag bei 6,1 Menschen. Man darf also für Waldmannshofen von einer großfamiliären Struktur am Beginn des 20. Jahrhunderts sprechen. Weniger romantisch ist es allerdings wenn man sich vor Augen hält, dass rund sechs Menschen in einem Haus lebten, teilweise unter bescheidenen, beengten Bedingungen. Auffällig ist allerdings, dass sich der Kinderreichtum wohl sehr in Grenzen hielt. Auf eine Familie kommt im Durchschnitt nur ein Schulkind. In diesem Punkt stimmen unsere Vorstellungen von der „guten alten Zeit“ mit einer ganzen Schar an Kindern mit den wirklichen Verhältnissen nicht überein. Lesen Sie in der nächsten Serie über Waldmannshofen die jüngste Geschichte, das Kriegsende und die Aufbaubemühungen in der Nachkriegszeit sowie Aspekte künftiger Herausforderungen.
1200 Jahre Waldmannshofen