FA12-2020
Pressespiegel
Fränkische Nachrichten, 29. Januar 2007
Arno Boas
„Wer so viel Geschichte hat, hat auch sehr viel Zukunft“
Archshofen, Freudenbach und Waldmannshofen starteten mit Festakt in ihr gemeinsames 1200-Jahr-Jubiläum
Creglingen. Karl dem Großen sei Dank: hätte der mächtige Herrscher nicht im Jahr 807 einen Gebietstausch zwischen dem Bischof von
Würzburg und dem Grafen Audulf schriftlich bestätigt - Archshofen, Freudenbach und Waldmannshofen könnten 2007 nicht ihre erste
urkundliche Erwähnung vor genau 1200 Jahren feiern.
Das Jahr 807 war allerdings nicht die Geburtsstunde der drei heute zu Creglingen gehörenden Ortschaften, wie der Historiker Professor
Dr. Gerhard Fritz beim Festabend am Freitag in der Creglinger Mehrzweckhalle hervorhob: die erste Besiedlung muss es dort schon 100
bis 150 Jahre zuvor gegeben haben.
Mit einem bunten Programm starteten die Jubiläums-Dörfer am Freitag in ein für sie außergewöhnliches Jahr: alle drei wurden vor 1200
Jahren erstmals urkundlich erwähnt. Die Ortsvorsteher Werner Mantel (Archshofen), Eugen Schmidt (Freudenbach) und Karl Henn
(Waldmannshofen) hatten sich beim Festakt in historische Gewänder gekleidet, an der Wand hingen die Fahnen der drei Dörfer, und die
Getränke gab es in hübschen Tonkrügen. Dazu ertönten Fanfarenklänge des Rothenburger Spielmannszuges - das Ambiente jedenfalls
passte zum historischen Anlass, und die rund 500 Besucher erlebten dazu einen gleichsam fundierten wie unterhaltsamen Festvortrag
über die politischen Hintergründe jener Zeit (siehe weiteren Bericht).
Unter den Besuchern war viel Prominenz aus badischen, hohenlohischen und fränkischen Landen, aber ein Besucher erhielt besonders
freundlichen Beifall: Arthur S. Obermayer, dessen Großmutter Helmina Oberndörfer einst von Archshofen in die Vereinigten Staaten
emigriert war. Obermayer hat den Aufbau des jüdischen Museums in Creglingen maßgeblich unterstützt, seine Anwesenheit war ein
sichtbares Zeichen dafür, dass die jüdische Gemeinde ihren festen Platz in der Archshöfer Geschichte hat.
Bürgermeister Hartmut Holzwarth zeigte sich beeindruckt von dem, was in den drei Dörfern auf die Beine gestellt, mit welchem Einsatz
das Jubiläum vorbereitet wird. „Darin kommen Gemeinschaft und Individualität hervorragend zum Ausdruck“, sagte der Bürgermeister,
der zugleich die „praktizierte Dorfgemeinschaft“ als einen „wesentlichen Baustein“ für die Zukunft der drei Dörfer lobte. Jedes Dorf habe
für sich, so Holzwarth, eine „eigene Art und Weise“ gefunden, das Jubiläum „angemessen zu feiern“.
Landrat Reinhard Frank zollte den Dörfern ebenfalls Anerkennung. „Der bürgerschaftliche Stolz kommt hier wunderbar zum Ausdruck“.
Alle drei Ortschaften zeichneten sich durch ein „pulsierendes Vereinsleben“ aus. Hier werde Politik mit Bodenhaftung gemacht, „noch nie
waren solche Gemeinschaften wichtiger als heute,“ meinte Frank angesichts der Globalisierung. „Wir sind stolz auf diese kleinen, aber
feinen Ortschaften,“ betonte der Landrat, der die Dörfer in einem „kulturhistorisch bedeutsamen Landstrich“ angesiedelt sieht, in dem
sich Burgen, Schlösser und Kirchen „wie an einer Perlenschnur“ aneinander reihen. Der Landrat erinnerte daran, dass alle Dörfer auch
stürmische Zeiten erlebt hätten, „aber heute sind sie ein starkes Stück Zukunft“.
Archshofens Ortsvorsteher Werner Mantel meinte, „wer so viel Geschichte hat, hat sicher auch sehr viel Zukunft“. Mit seinen rund 335
Einwohnern ist Archshofen nach Creglingen das größte Dorf im Gemeindegebiet. „Früher haben wir den Wein exportiert, heute trinken
wir ihn mit unseren Gästen selber,“ erinnerte Mantel an die Heckenwirtschaften, die in Archshofen florieren wie in keinem anderen
Ortsteil. Ute Kaulbersch und einige Archshofener Kinder boten in einem Sketch Einblick in die Geschichte des Dorfes, die sehr
wechselvoll war - was mit dem Satz „im Moment gehören wir zu Creglingen“ verschmitzt kommentiert wurde. Doch eines immerhin wird
sich nie ändern: „Wir stehen im Alphabet an erster Stelle - denn „A“ kommt immer vor „C“ wie Craintal oder Creglingen“, lautete die
Quintessenz.
„Wenn die Menschen zusammenfinden, um gemeinsam etwas zu bewegen, dann führt dies auch zu einer tieferen Verbundenheit im
Dorf,“ stellte Ortsvorsteher Eugen Schmidt (Freudenbach) heraus. Zudem würden die Vorbereitungen auch über Dorfgrenzen hinweg
Gemeinsamkeiten schaffen. Mit Erdbach und Schön hat Freudenbach heute rund 350 Einwohner, die sich in sieben Vereinen engagieren
können. In einem Sketch aus dem Jahr 1769 (Schmidt: „In jener Zeit mussten die Menschen nur den Zehnten an die Obrigkeit abführen“)
erfuhren die Besucher, wie ein listiger Maulwurfsfänger versucht, die Gemeinde hinters Licht zu führen - allerdings vergeblich.
Waldmannshofens Pfarrerin Renate Ganzhorn-Burkhardt und Ortsvorsteher Karl Henn zitierten aus einer Gemeindeordnung aus dem 16.
Jahrhundert und entdeckten dabei so manche Vorschrift, die auch in heutiger Zeit durchaus noch Anwendung finden könnte. Die
Geistliche hatte sich mit einem historischen Kirchenspieß bewaffnet, während der Ortsvorsteher die Gemeindeschelle mit sich führte. Mit
dem Kirchenspieß, so die Pfarrerin augenzwinkernd, könne man in Zukunft die Bürger wieder zu einem häufigeren Kirchenbesuch
animieren.
Urkunde „wie ein Licht in dunkler Zeit“
Professor Dr. Gerhard Fritz hielt informativen und unterhaltsamen Festvortrag
Creglingen. Vor 1200 Jahren dürften Archshofen, Freudenbach und Waldmannshofen winzige Dörfer gewesen sein.
Vielleicht je gut ein Dutzend Einwohner könnte im Jahr 807 dort gelebt haben. So jedenfalls die Vermutung von
Professor Dr. Gerhard Fritz (Bild), der beim gemeinsamen Festakt zum 1200-Jahr-Jubiläum der drei Ortschaften einen
ebenso informativen wie unterhaltsamen Vortrag hielt.
Einen Gebietstausch wollten der Bischof Eigilward von Würzburg und ein Graf Audulf aus dem Gollach- und Taubergau
von Kaiser Karl dem Großen schriftlich bestätigt haben - sie bekamen das begehrte Siegel, und damit erhielten die
Dörfer 1200 Jahre später die Gelegenheit, ihre erste urkundliche Erwähnung zu feiern (die FN berichten zurzeit in einer
Serie exklusiv über die Geschichte der Jubiläums-Dörfer).
„Diese Urkunde ist wie ein Licht in dunkler Zeit, denn das 7. und 8. Jahrhundert waren fast schriftlose Zeiten,“ so der
Redner. Weshalb der Tausch vorgenommen wurde, lässt sich heute nicht mehr sagen. Die Urkunde belegt aber, dass
Güter, Rechte und Einkünfte getauscht wurden und dass beide Parteien ein Interesse an dem Gebietstausch hatten.
Eigilward trat an Audulf Freudenbach („Fridunbach“) ab, inklusive „Autgausishoua“ und „Ualtmannisoua“. Dafür erhielt
er „Sciffa“ (Schüpf) und „Odinga“ (eventuell der Üttingshof).
Damals gab es nur in Freudenbach eine Kirche - vermutlich ein schlichtes Gebäude aus Holz, ohne Turm. Archshofen
gehörte zur Pfarrei Freudenbach. Waldmannshofen wiederum war Lipprichhausen angegliedert. Die Waldmannshofener,
so steht zu vermuten, hatten im übrigen einen kritschen Blick auf Sechselbach zu werfen - denn der Nachbarort
bestand aus heimatvertriebenen Kriegsverlieren aus dem norddeutschen Raum - damals das Stammes-Gebiet der
Sachsen. Kaiser Karl hatte die unbeugsamen Sachsen nach seinem Sieg schwer bestraft und sie über alle Lande verteilt,
daher die vielen Namen mit „Sachsen“ wie „Sachsenheim“ oder „Sachsenflur“ und eben „Sechselbach“.
Während das Dorf „Ualtmannisoua“ leicht als Waldmannshofen zu identifizieren ist, verhält es sich laut Professor Fritz
bei „Autgausishoua“ etwas komplizierter. „Sprachgeschichtlich“ wolle dieses Wort nicht so recht mit „Archshofen“
zusammenpassen, müsse er, der wissenschaftlichen Seriosität verpflichtet, feststellen. Man habe deshalb schon
erwogen, ob es sich vielleicht um Auernhofen handle - aber auch hier passe der sprachgeschichtliche Befund nicht.
Vielleicht habe sich in Ingelheim - wo Kaiser Karl 807 die Urkunde besiegelte - der Schreiber einfach verhört und habe
eigentlich „Archausishoua“ schreiben wollen. Jedenfalls spreche, so Professor Fritz, die geografische Nähe und die
kirchliche Zugehörigkeit von Archshofen zu Freudenbach dafür, dass tatsächlich Archshofen gemeint gewesen sei. Die
Archshöfer dürften das mit einiger Erleichterung vernommen haben . . .
1200 Jahre Waldmannshofen